Register akutes Koronarsyndrom
Oliver Wolfram
Rüdiger Braun-Dullaeus
Die perkutane Koronarangioplastie als interventionelle Standardtherapie des akuten Koronarsyndroms birgt zwei potentielle Risiken: den akuten thrombotischen Gefäßverschluß und die Restenose. Durch die Einführung der im Zusammenhang mit dieser Prozedur durchgeführten Stenttherapie konnten diese Komplikationen deutlich reduziert werden. Die Rate akuter oder subakuter Stentthrombosen nach Stentimplantation wurde in frühen Studien auf etwa 18% geschätzt.
Die optimale medikamentöse periinterventionelle Therapie nach Stentimplantation war nachfolgend Gegenstand einer Reihe von Studien; die heutige Standardtherapie besteht in einer Gabe von ASS lebenslang sowie der zusätzlichen Gabe von Clopidogrel für einen definierten Zeitraum in Abhängigkeit von der verwendeten Stentsorte (Mehta SR, Lancet, 2001). Es ist jedoch bekannt, dass nicht alle Patienten gleichermaßen von den in den letzten Jahren erzielten Verbesserungen einer antithrombozytären Therapie profitieren; die durch unterschiedliche klinische Wirksamkeit bewirkten erneuten ischämischen Ereignisse bedingen erhebliche Morbidität und Mortalität. Die dieser unterschiedlichen Wirksamkeit zugrundeliegenden Prinzipien sind multifaktoriell; der Effekt wird durch in-vitro-Tests der Thrombozytenreaktivität wie der ADP-induzierte Thrombozytenaggregometrie oder der Vasodilatator-stimulierte Phosphoprotein-(VASP)-Phosphorylierungsanalyse meßbar.
In den letzten Jahren und Anfang dieses Jahres sind zunehmend alternative Thrombozytenaggregationshemmer auf den Markt gekommen (Prasugrel, Ticagrelor), deren Langkeitwirkungen, insbesondere unter Alltagsbedingungen bislang nur unzureichend untersucht sind.
Eine systematische Aufbearbeitung der Krankengeschichte, des akuten Kliniksverlaufes sowie der Nachuntersuchung der Patienten mit akutem Koronarsyndrom ist in Sachsen-Anhalt insbesondere aus zwei Gründen von besonderem Interesse. Zum einen ist die Sterblichkeit im Rahmen eines akuten Koronarsyndroms in unserer Region im Vergleich zum Bundesdurchschnitt deutlich erhöht. Ein weiterer Aspekt ist, dass die Bevölkerung einen im Vergleich deutlich erhöhten Altersdurchschnitt aufweist. Gegebenenfalls vorliegende Daten aus anderen geografischen Bezirken spiegeln deshalb womöglich nicht die Situation in Sachsen-Anhalt wider.
Vor diesem Hintergrund soll an der Klinik für Kardiologie, Angiologie und Pneumologie ein Register zur Nachverfolgung von Patienten mit Stentimplantation im Rahmen einer Notfallsituation im Sinne eines akuten Koronarsyndroms etabliert werden. In einer nächsten Stufe ist ggf. eine Indikationserweiterung für den Registereinschluß auch auf elektive Situationen denkbar. Eine Nachverfolgung ist für eine Dauer von einem Jahr geplant.
Um die erhobenen Daten bei veränderter Praxis (Zunahme der Verordnung von Prasugrel) gegebenenfalls in einen historischen Zusammenhang stellen zu können, ist auch ein retrospektiver Einschluß der Patienten bis ca. 1,5 Jahre vor Registerbeginn mit entsprechenden Nachbefragungen geplant.